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Dip, das Fressen und die Moral!

Weihnachten ohne eine Ansprache? - Eben! Habe ich mir auch gedacht. Wollte aber zumindest die Ansprache meines Namensvetters abwarten. Würde es diejenige sein, die vorab publiziert worden war? Natürlich! - Deutschland war noch nie für Überraschungen gut! Hier meine Ansprache:

Liebe Gemeinde!
Das Jahr brachte viele Überraschungen.
Diese stehen im Widerspruch zu Stetigkeit, Sicherheit! Wir sind Jahrzehnte ohne Kriegsnot! Doch die Informationen über immense Summen von Staatsschulden, Währungskrisen und anderes Unfassbares schicken uns vermehrt auf die Suche nach dieser Sicherheit und Stabilität. Diese suchen wir in unserem Gemeinwesen und in dessen Grundlagen - Ehrlichkeit, Anstand, Moral, Integrität. Wir suchen diese Werte bei denen, die uns wichtig und nachahmenswert erscheinen, bei unseren Leitbildern und Idolen. Der Bundespräsident ist zweifellos eine solche Person. Der durch seine Unterschrift die Gesetze legalisiert und sie gefälligst auch einhält! Ich sehe hier einen gewissen Verfall, ohne ihn freilich bewerten zu wollen, bedauere ihn aber (den Verfall!).
Was hat das alles mit Dip zu tun? Sehr viel, wie ich meine! Unsere Welt ist ambivalent, es wird Wasser gepredigt und Wein gesoffen! Wir fordern von anderen Moral, predigen sie gegenüber unseren Kindern, halten sie aber selbst nicht ein. Zum Beispiel unseren Kindern und im Fernsehen verbieten wir das Rauchen, aber einem gestatten wir es dann doch, weil der sonst nicht käme, und uns selbst natürlich auch. Genau so ist ja auch der Diplomat – ihr kennt alle den Witz: Wenn ein Diplomat "Ja" sagt, meint er "Vielleicht". Sagt er "Vielleicht", meint er "Nein". Sagt er "Nein", so ist er kein Diplomat. Die andere Hälfte des Witzes, die mit der Dame, erspare ich uns – es ist schliesslich Weihnachten.)
Unser Spiel (und wohl auch unsere Gemeinschaft!) lebt genau dieses Verhalten, hat aber gegenüber der Realität einen Vorteil – es schadet niemandem ausserhalb unserer Ludomanie.
Was hat das Jahr 2011 gebracht? Viele ungezählte Stabbs, von denen sich einige nur schwer erholt haben! Aus der Datenbankstatistik ergibt sich weiter ein etwas geringerer Rückgang der Zahl der aktiven Spieler auf derzeit 252 gegenüber 292 in 2010 und 385 in 2009 (nur noch -14% in 2011 gegenüber noch -24% im Vorjahr, aber wir waren mal über 700!), während die Anzahl der Spiele mit -29% etwas stärker zurückgegangen ist (nurmehr 79 Spiele gegenüber 111 in 2010 und 148 in 2009). Genauere Analysen können wohl unsere Statistiker liefern. Die werden dann auch darstellen, dass spätestens im Jahre 2057 nur noch die Mitglieder des Rates der Weisen spielen, und auch das nur ein bis zweimal im Jahr. Regelfragen sind dann nicht mehr zu beobachten, NMRs wären abgeschafft, denn sie hätten fatale Folgen..). Das alles wollen wir natürlich nicht!
Ist das Aufkommen von „wieder mehr Moral“, wenn man am Ende einen solchen Trend feststellen wollte, ein Grund für den Rückgang der Interessenen an unserem Spiel? Hoffentlich nicht. Im Gegensatz zur Moral verbindet unser Spiel die intellektuellen mit den kommunikativen Herausforderungen, und das bei einem guten Unterhaltungswert und ohne Risiken und Nebenwirkungen, sogar Militärs kommen auf ihre Kosten! Das ist genial, aber vielleicht auch deshalb nicht massentauglich!
Also lassen wir die Moral doch besser aussen vor! Dann haben wir so etwas wie einen Freiraum! Das Spiel verbindet uns insoweit, wir haben einen excuse. Bei den Face to face Veranstaltungen kann man das schön beobachten. Es ist wie ein Kurzurlaub, bei dem wir uns mit guten Bekannten lösen können vom Alltag und seinen Banalitäten.
Diesen Kick sollen immer mehr Spielefreaks geniessen. In einer Zeit, in der man in der U-Bahn zum Beispiel eine Vielzahl von Fahrgästen beobachten kann, die egoistisch aber einsam auf ihrem Handy herumdrücken (um die Zeit wegzudrücken?) - eine wahre Herausforderung! Wir wollen das Spiel weiter bekannt und einer grösseren Gemeinde zugänglich machen. Dafür benötigen wir die Kraft von euch allen, eure Ideen, eur Kritik, euren Anstoss, euren Input. Ich wünsche uns also, dass ihr noch mehr eure Meinung kundtut, eure Gedanken einbringt, dass ihr bei der „Evolution“ dieses tollen Spieles aktiv dabei seid. Entwickelt Regeln, Varianten, nehmt teil, macht mit! Tut „Fleisch“ bei die Knochen!
Und die Moral? Wie sagte Brecht: Erst kommt das Fressen, dann die Moral! Und zwischendurch spielen wir aber doch lieber noch eine Runde!
Ich wünsche Euch und euren Familien alles Gute und Besinnliche für die Weihnachtstage und für das Neue Jahr 2012!
- C. Reichardt, 26.12.2011

 

 
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