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Diplomacy-Kartenvarianten erstellen |
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von Stephen Agar
ÜBERSETZT VON MARIO BRADLER
Mit diesem Artikel versuche das bisschen, was ich über die Erstellung von Karten für Diplomacyvarianten gelernt habe, herauszudestillieren. Im wesentlichen rede ich von historischen oder Fantasyvarianten, die im Kern den einfachen Diplomacyregeln entsprechen, wie der Unterscheidung zwischen Armee und Flotte mit normalen Kampf- und Zugregeln, also die Varianten, die oft als Kartenvarianten bezeichnet werden. Ich habe auch vorausgesetzt, dass die Partie im gleichen Maßstab stattfindet wie reguläres Diplomacy, dass also zu Beginn jede Nation 3 bis 5 Heimat-VZ hat.
Ein gutes Szenario für eine Variante ist für eine gewisse Anzahl an Spielern (etwa 5-9) geeignet und hat einen vernünftigen geographischen Umfang. Oft kommt die Inspiration zu einer Variante von einer historischen Situation, für die eine Karte eventuell schon verfügbar ist. Zuerst muss man die individuellen Eigenschaften und Verteilung der Mächte so weit festlegen, dass sie nicht genau von der Historie übertragen sind. Natürlich werden der Variante nur durch die Vorstellung des Designers Grenzen gesetzt, es gibt bereits Varianten, die in der Antike, dem mittelalterlichen Europa, der neuen Welt, heute und sogar im Weltraum spielen. Aber im Prinzip bleibt alles gleich. Ich glaube aber, dass die Wahl des Szenarios wichtig ist – die meisten Spieler werden viel begeisterter sein, eine makedonische Phalanx nach Persien zu führen oder die Landungen in der Normandie nachzuspielen, als auf abstrakten Karten mit abstrakten Namen zu agieren.
In gewisser Weise wird jede Karte, die wie eben beschrieben an die Geschichte gebunden ist, Grenzen für die geographischen Beziehungen zwischen den Spielern setzen. Hauptziel ist, dass es für jedes Land mindestens drei, besser mehr Richtungen gibt, in die es expandieren kann (auch wenn einige einfacher sein können als andere). Zu Beginn der Partie müssen die Spieler eine Auswahl an Strategien haben. Wie auch immer, es muss nicht jede Nation die gleiche Anzahl an Heimat-VZ haben. Im Standard Diplomacy beginnt Russland mit 4 anstatt, wie üblich, 3 Einheiten, wobei zur Herstellung eines Gleichgewichts (siehe oben) die zunehmende Stärke einer Nation mit einer schwächeren geographischen Lage verbunden sein sollte.
Neutrale VZ
Unter der Annahme, dass Ihre Variante sich an den Regeln der Standardvariante orientiert und es neutrale VZ gibt, wird die Lage der neutralen VZ in der Anfangsphase einen erheblichen Einfluss auf die Partie haben und die wahrscheinliche Richtung der Expansion steuern, die jede Macht zu Beginn einschlagen kann.
Ich glaube, dass für jedes Land ein Aufbau im ersten Spieljahr garantiert sein sollte, ohne eine taktische Katastrophe herbeizuführen. Das gilt zweifellos für Standard Diplomacy, wo es für jede Macht ungewöhnlich ist, 1901 nicht wenigstens einen Aufbau zu bekommen. Einige Mächte haben gute Chancen auf einen zweiten Aufbau und eventuell ist noch mehr möglich.
Ich glaube, es ist besser, neutrale VZ zu einer Gruppe zusammenzufassen, um einen Bereich auf der Karte zu erschaffen, in den mindestens zwei, besser mehr, Nationen im Frühstadium eindringen können, um einige Gewinne zu machen und der danach ein ereignisreiches Schlachtfeld darstellt. Sie werden feststellen, dass im Standard Diplomacy alle neutralen VZ in vier Bereichen zusammengefasst sind, und zwar dem Balkan, Skandinavien, den Benelux-Staaten und der iberischen Halbinsel. Tunis bildet die Ausnahme, um für Italien einen Aufbau im ersten Jahr zu garantieren. Wenn neutrale VZ hier und da in isolierter Lage platziert werden, werden sie im ersten Jahr entweder einfache Ziele für eine einzelne Nation oder Schauplatz von Pattsituationen. Gute Diplomatie entsteht, wenn Situationen entstehen, in denen mehr als zwei Spieler in einem Bereich des Bretts agieren, und das erreicht man meist am leichtesten, indem man neutrale VZ zusammenfasst.
Wie viele neutrale VZ sollte es geben? Ich trete für ein Verhältnis ein, das sich nicht zu sehr von Standard Diplomacy unterscheidet, wo auf 22 Heimat-VZ 12 neutrale VZ kommen (ein Verhältnis von 1:0,55). Das heißt, dass rund ein Drittel der VZ auf dem Brett neutral sein sollten. Das ist natürlich keine feste Regel, aber wenn es zu viele Neutrale gibt, wird die Anfangsphase lange dauern, und wenn es zu wenige Neutrale gibt, zwingt das die Spieler in eine Mittelspielsituation, bevor sie die Gelegenheit hatten, zu Beginn ein wenig zu wachsen und Vertrauen zu ihren Verbündeten aufzubauen.
Wie man ein Überfüllen der Karte vermeidet
Es gibt zwei Aspekte für die Herstellung eines Gleichgewichts: erstens das Verhältnis der Einheiten und Einheitentypen zur Größe und zum Aufbau der Karte; zweitens muss jeder Spieler eine angemessene Chance haben, zu gewinnen. Ich möchte den letzteren Aspekt beiseiteschieben und mich auf den ersteren konzentrieren.
Das Verhältnis zwischen VZ und einfachen Gebieten muss den Einheiten genügend Bewegungsfreiheit bieten, darf aber nicht so klein sein, dass die Partie übermäßig lange dauert, weil alle Einheiten soweit voneinander entfernt sind. Ich bin der Meinung, dass im Standard Diplomacy das Verhältnis in dieser Hinsicht ungefähr stimmt und behaupte, dass wir aus dieser Betrachtung heraus einige Richtlinien formulieren können, warum Standard Diplomacy funktioniert.
Auch wenn einige Felder mehr als andere genutzt werden, hat Standard Diplomacy 75 Gebiete bei einem Maximum von 34 Einheiten, ein Verhältnis von 2.2 Feldern pro Einheit. Ich behaupte, dass es einer neu erstellten Karte, die weder spezielle Bewegungsregeln [z. B. Desert War, wo Kamelreiter 2 Felder pro Zug zurücklegen können; A. d. Ü.] noch stärkere Einheiten beinhaltet, gut tun wird, wenn es pro Einheit mindestens 2, aber nicht mehr als 2,5 Felder gibt. Bei weniger Feldern wird die Karte überfüllt, bei mehr Feldern wird die Karte zu groß.
Kann uns Standard Diplomacy noch etwas über die Erstellung einer Karte erzählen? Von 22 Heimat-VZ liegen 6 im Binnenland und können daher nur von Armeen eingenommen werden. Also können Flotten 16 Heimat-VZ und Armeen alle 22 Heimat-VZ einnehmen – ein Verhältnis von kaum weniger als 1:1,38. Zu Beginn des Spiels ist das Verhältnis zwischen Flotten und Armeen 9:13 oder 1:1,44. 1,38 ist nicht weit von 1,44 entfernt, also kann man sagen, dass Allan Calhamer erkannt hat, dass es eine Gesetzmäßigkeit dafür gibt, dass das anfängliche Gleichgewicht zwischen Flotten und Armeen ungefähr im Verhältnis dazu stehen sollte, wie sie Heimat-VZ auf der Karte besetzen können. Sie könnten denken, ich habe Unrecht, aber es ist ja nur ein Vorschlag.
Lassen Sie mich ein Beispiel geben: Nehmen wir an, eine neue große Variante mit 29 Heimat-VZ wurde entwickelt, von denen 10 im Binnenland liegen. Standard Diplomacy als Maßstab zu nehmen, bedeutet, dass 16 neutrale VZ angemessen wären, dass die Karte insgesamt etwa 100 Felder hat und die Nationen mit 18 Armeen und 11 Flotten beginnen. Natürlich sind das nur Richtlinien, aber dadurch wird eine Karte mit einer Einheiten- und Felderdichte erschaffen, die mit Standard Diplomacy vergleichbar ist.
Das oben beschriebene ist lediglich eine Theorie und ich bringe es lediglich als eine Richtlinie vor, an der eine neue Variante gemessen werden kann.
Vermeide Stalemate Lines
Wie wir alle wissen, ist eine Stalemate Line eine Reihe von besetzten und miteinander verbundenen Feldern, die immer verteidigt werden kann, egal wie sie von der anderen Seite aus angegriffen wird, und die genug VZ beinhaltet, um die Flotten und Armeen zu versorgen, die zum Halten der Stalemate Line benötigt werden. Im Standard Diplomacy gibt es einige wenige Stalemate Lines, die meistens von Nordosten über die Schweiz nach Südwesten verlaufen [im Artikel steht von Südosten nach Nordwesten, aber das kann wohl kaum gemeint sein; A. d. Ü.].
Eine Variante kann dadurch ruiniert werden, dass es auf der Karte so viele Stalemate Lines gibt, dass sobald ein Spieler die Oberhand gewinnt, sich die anderen Spieler hinter eine Stalemate Line zurückziehen und die Partie zu einem abrupten, unrühmlichen Abschluss kommt. Mache Varianten verhindern Stalemate Lines durch Regeländerungen, z. B. kann man sich in einer Variante mit verschieden starken Einheiten eine Stalemate Line kaum vorstellen, da der Angreifer mit einer Einheit mit höherer Stärke durchbrechen könnte.
Das Markenzeichen einer Stalemate Line ist eine Reihe von miteinander verbundenen Feldern, die auf der einen Seite an deutlich mehr Provinzen grenzt als auf der anderen Seite. Dadurch kann sie von mehr Einheiten unterstützt werden, als der Gegner an der Stalemate Line aufbringen kann. Deshalb sollten Sie lange, dünne Provinzen vermeiden, wie z. B. Galizien oder München, da diese meist die Basis für eine Stalemate Line bieten. Seegebiete sind für die Schaffung von Stalemate Lines äußerst wichtig, weil sie nur von einem bestimmten Einheitentyp angegriffen und unterstützt werden können (nämlich Flotten). Beispielsweise können drei Flotten in Nat, MAt und Por eine undurchdringbare Barriere bilden, die eine beliebige Anzahl an Flotten, die aus dem Mittelmeer kommen, aufhalten kann.
Achte aufs Gleichgewicht
Damit meine ich, dass Sie sicherstellen sollten, dass jeder Spieler eine vernünftige Siegchance hat. Wohlbemerkt, ich denke, dass eine vernünftige Siegchance ausreichend ist, nicht dass jeder Spieler die gleiche Siegchance haben sollte. Die gleiche Siegchance für jeden Spieler kann nur auf einem symmetrischen und abstraktem oder halbabstraktem Brett erreicht werden (wie etwa die fünf Italien-Variante [Chromatic; A. d. Ü.] von Mike Lee), die sich nicht als die interessanteste Karte für eine Variante herausstellen dürfte.
Eigentlich kann man über das Gleichgewicht einer Variante nur ein Urteil fällen, indem man auf ihr ein paar Partien spielt und schaut, was passiert. Dennoch denke ich, dass man mithilfe eines einfachen Tests, den man mit jeder Karte machen kann, erkennen kann, ob einige Mächte eine erheblich höhere Siegchance haben als andere.
Auch wenn ich Variantenerstellung nicht auf Elementarmathematik reduzieren will, so denke ich doch, dass man etwas daraus lernen kann, indem man genau abzählt, wie weit jede Macht vorankommen muss, um die für ein Solo benötigten VZ einzunehmen, weil dieses Abzählen ein gutes Indiz für die Stärke einer Macht liefert. Auf Standard Diplomacy angewandt erhält man die folgenden Werte:
Abstand zu 18 VZ:
Russland = 2,33
Deutschland = 2,5
Frankreich = 2,82
Österreich-Ungarn = 2,86
Italien = 3,00
England = 4,00
Osmanisches Reich = 4,00
Das ist natürlich nur die halbe Wahrheit, denn einige Mächte sind viel verwundbarer und können früh im Spiel eliminiert werden. Ein Weg, die Verletzbarkeit einer Macht zu messen, ist, von allen VZ, die innerhalb von drei Zügen erreicht werden können, den Anteil der Heimat-VZ zu ermitteln. Je mehr davon Heimat-VZ sind, desto verletzlicher ist die Nation. Für Standard Diplomacy gelten folgende Verhältnisse:
England: 28,57 %
Osmanisches Reich: 42,86 %
Russland: 45,83 %
Italien: 50 %
Deutschland: 52,17 %
Frankreich: 55 %
Österreich-Ungarn: 63,16 %
Ich sage nicht, dass man aus solchen Statistiken allzu viel erkennen kann, aber ich denke, dass sie bei der Beurteilung einer Variante durchaus ihre Gültigkeit haben. Wichtig ist dabei in erster Linie nicht, welche Nation auf welchem Platz ist, sondern wie weit die Extreme auseinandergehen. Aus den obigen Berechnungen geht hervor, dass Russland und Deutschland die stärksten, England und das Osmanische Reich die sichersten und Österreich-Ungarn das verletzlichste Land ist. Standard Diplomacy ist vielleicht etwas unausgeglichen, aber es funktioniert und es funktioniert gut. Daraus schlussfolgere ich, dass es falsch ist, sein gesamtes Augenmerk auf das Gleichgewicht einer Variante zu legen. Bringen Sie die Eigenheiten über die Zeit oder die Welt, die Sie abbilden, rüber und akzeptieren Sie, dass einige Nationen ein wenig stärker sind als andere und einen höheren Grad an taktischer Freiheit besitzen. Jede andere Variantenkarte kann man solch einem Test unterziehen und je näher die Werte der Nationen beieinander liegen, desto ausgeglichener wird die Karte sein.
1. Stellen Sie sicher, dass keine Macht auf dem Weg zum Sieg 50 % mehr Weg zurücklegen muss als die Macht, die den kürzesten Weg hat.
2. Gestalten Sie die Karte so, dass keine Macht einen mehr als einen doppelt so hohen Anteil von Heimat-VZ im Abstand von bis zu drei Gebieten von sich hat als die sicherste Macht.
3. Nie sollten drei oder mehr Heimat-VZ, die zwei oder mehr Mächten gehören, zu Beginn aneinander grenzen. Ein Spiel kann sich kaum entwickeln, wenn ein Heimat-VZ im ersten Zug mit Unterstützung angegriffen werden kann.
4. Vermeiden Sie aneinander grenzende Heimat-VZ von verschiedenen Nationen (wie Venedig und Triest im Standard Diplomacy), weil sie dadurch zwei Spielern etwas Flexibilität und Vertrauen vorenthalten.
Ich sollte noch hinzufügen, dass Standard Diplomacy die oben genannten Bedingungen nicht erfüllt, ihnen aber nahe kommt. Ich hoffe, dass dieser Artikel einige von ihnen dazu überzeugen kann, neue Kartenvarianten zu erstellen, auf welcher Geschichtsepoche oder originellen Einfällen sie auch immer beruhen (und ich wäre froh, befreundeten Variantenerstellern helfen zu können und die Ergebnisse zu veröffentlichen). Auch wenn einige oben genannte Prinzipien universal gültig sind, habe ich meine Zweifel, ob die Verrgleiche, die ich mit Standard Diplomacy gemacht habe, auch bei veränderten Kampf- und Zugregeln noch gültig sein werden. Vielleicht werde ich diesen Artikel noch mit einem Teil über Regelvarianten ergänzen.