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Die tatz. Ausgabe 01/2006.

Arena
Master fallen nicht vom Himmel

Ludomaniacs Master: End-of-Game-Kommentar von Andreas Braun, Italien

Eigentlich wollte ich nach diversen Top, the Best, Showcase usw. Partien keine so aufgeblasenen Games mehr spielen, da diese immer einen etwas eigenartigen Charakter haben. Andreas ließ aber nicht locker und ich wurde weicher, nur Gerorg zickte noch. Aber als ich ihm auf seine Frage nach einem Grund, warum er denn an dieser Partie teilnehmen sollte sinngemäß mit "...soll ich denn allein auf Dietmar aufpassen..." antwortete, fiel auch er um und ich stieg trotz akutem Zeitmangel ein. Dies erwies sich aber nicht als sonderlich großer Nachteil, da die Kommunikation deutlich unter der 100 oder 400 blieb, und so schnell mal "nebenbei" erledigt werden konnte was allerdings nichts heißen soll, dass sie nicht anspruchsvoll war.

Nach der Auslosung blickte ich vom italienischen Stiefel aus der Mitte Europas in Richtung meiner Mitspieler. Scheis.., wirklich und echt wahr, Italien. Hiermit hatte ich bisher wenige, dafür aber durchgehend schlechte Erfahrungen gesammelt. In 666 hatte ich mir für Italien die abwartende Taktik ausgesucht, und die ging in die Hose. Grund genug also diese erneut zu versuchen, da mir schlicht die Zeit fehlte diverse Taktikseiten zu durchstöbern und Partien zu analysieren. Beim ersten Schnuppern im Westen fiel mir auf, dass es nicht schwer sein würde D und GB zu einem Angriff auf F zu überreden. Schade eigentlich, im Grunde genommen hätte ich nach diversen ftf in Wien gern mal mit Dietmar ein Spielchen im Netz gewagt, aber GB und D waren sofort Feuer und Flamme, also habe ich mich nicht getraut zu widersprechen. Außerdem waren die Erinnerungen an 666 noch zu frisch und ich fand es als I attraktiver F schnell aus dem Verkehr zu ziehen. Wahrscheinlich hätten sich Dietmar und Georg die Finger wund schreiben können, es hätte ihnen nichts genutzt, im HS weit oben zu stehen bedeutet eben immer der Gejagte zu sein.

Im Osten waren die Karten ebenfalls eindeutig gemischt, R+Ö zogen konsequent gegen Georg. Ich bezweifle bis heute, dass sich Torsten und Tobias freiwillig getrennt hätten. Dementsprechend schwierig war es mit Torsten ins Geschäft zu kommen. Uns beiden war klar, dass F und T sehr schnell Geschichte werden würden und dann die entscheidenden Weichen für das Mittelspiel gestellt werden mußten. Ich glaube ich habe zu diesem Zeitpunkt gut 50% mehr mit Torsten kommuniziert, als mit Timo und Frank zusammen.

Im Frühjahr 1903 kam es dann das erste Mal zu einer solchen Weichenstellung.
Torsten und ich konnten uns endlich darauf verständigen die Flottensituation im Mittelmeer zu entschärfen und gegen den bis dato stark auftretenden Frank zu ziehen. D. h. Torsten zog schon mal, ich behielt die abwartende Taktik bei, da ich erst in Frankreich klare Verhältnisse schaffen wollte und noch nicht sicher einschätzen konnte, wie Timo sich den weiteren Ablauf vorstellen würde. Die Entscheidung dem Westen und hier speziell Frank weiter treu zu bleiben oder doch auf die Offerten aus Wien einzugehen wurde mir dann von Frank abgenommen, der mich in Marseille hängen ließ. Das dankte ich ihm postwendend mit einem Tipp an Dietmar, dass Marseille im H03 nicht verteidigt werden würde, und der nahm dankbar an.

Frank, der sich schon weit nach Osten vor gewagt hatte, war somit erst einmal im Rückwärtsgang, so dass Timo und ich das weitere Vorgehen in Frankreich allein besprechen konnten. Kernpunkt war hier die Balance of Power der Flotten in und um den Atlantik. Die Verhandlungen waren wie mit Torsten enorm von Vorsicht und Mißtrauen geprägt, aber es gab erfolgversprechende Ansätze.

Im F1095 wurden dann die Fronten für das Mittelspiel endgültig geklärt, das Ableben von Georg und Dietmar stand kurz bevor, und Timo schaffte mit mir den westliche Gegenpol zu Ö+R, wobei sich Timo den Weg mit R (tippe ich mal) und ich mit Ö offen hielten, so dass bei mutiger Vorgehensweise aus einem Ost-West-Konflikt auch ganz schnell eine Nord-Süd-Auseinandersetzung werden konnte, es versprach also spannend zu bleiben.

Der englische Stab an Frank reduzierte diesen dann auf 3 Einheiten im Herbst 1905, machte ihn aber gleichzeitig zum wichtigsten Gesprächspartner für alle Parteien, nicht zuletzt wegen seinem Zug nach Gal, der wohl einer der echten Big Points dieses Spiels war.

Im Norden kam es in 1906 endlich zu einer "echten" Attacke von R an GB. Timo hatte den "Fehler" gemacht und R in unsere Pläne gegen D eingeweiht, wohl in der Hoffnung Vertrauen für einen Stab R gegen Ö aufzubauen. Zu diesem Zeitpunkt kamen Tobias und ich uns endlich näher, auch wenn es zunächst nur hochgeheime Diplomatie war - als Plausibilitätscheck bezüglich Timos Aussagen auf alle Fälle sehr nützlich. Ich denke mal Tobias ist Timo hier erstklassig auf den Leim gegangen und stabbte nun endlich Torsten, dem der Stab dermaßen auf den Magen schlug, dass er gegen Stefan ausgewechselt werden mußte.

Timo konnte die "Verluste" im Norden nach dem Stab an Frank locker ausgleichen und fortan war mein Verhandlungsmittel zwischen den Zeilen allein die Bedrohung des Abschenkens, da GB und R deutlich Übergewicht hatten. Meine Zügen waren grauenhaft halbseiden, da ich Timo absolut keine Möglichkeit geben wollte ins Mittelmeer einzudringen, gleichzeitig aber zählbare Erfolge brauchte, um Tobias nicht zu stark werden zu lassen. Schließlich begann der sich an die Sachertorte zu schleichen, ohne dass ich zunächst auch nur die Aussicht auf ein Fitzelchen Sahne gehabt hätte.

In dieser Phase erwies sich Stefan als schlaues Kerlchen der ganz schnell blickte, dass es für Tobias übel ausgehen, und eine Neuauflage der Allianz Ö+R der einzig gangbare Weg für die beiden Ostler sein würde. Tobias wollte aber der Wahrheit nicht ins Gesicht sehen und wurde für die Plänkelei im Norden mit dem kompletten Verlust eben dessen abgestraft. Das bis dato öffentlich diskutierte Lügenmärchen vom 3er war somit vom Tisch.

So gegen 1910 gab Stefan auf, er hatte wacker gekämpft, aber gegen den Starrsinn von Tobias keine Chance, an dem auch ich letztendlich verzweifelt bin. Es war nun mal so, dass er, Tobias, der gestabbte war. Und es war auch nun mal so, dass ich bis auf Triest keine Aussicht auf ein weiteres österreichisches VZ hatte und so nun wirklich nicht motiviert war gegen Timo zu ziehen. Mit ein klein wenig taktischem Geschickt hätte sich das Blatt für ihn wenden können, aber grundlos ein Risiko einzugehen war ich nicht bereit, zumal die Sache sich in meinem Sinn im Kreis drehte: Timo sackte bei Tobias ein, dieser bei Stefan und ich bekam englische VZ am Verhandlungstisch, um bei Laune zu bleiben. Mit Stefans letzter Amtshandlung, dem Zug nach Gal, war dann der russische Widerstand schneller gebrochen als erwartet.

OK, jeder fährt seine Taktik, und manchmal ist diese eben nur zu verstehen wenn man alle Fakten kennt die den Gegenüber dazu bewegen so zu handelt wie er dies eben tut. Vielleicht war der Druck gegen mich das einzig ihm noch verbliebene Mittel der Verhandlung, ich hoffe der EOG schafft hier Aufklärung. Aber wie dem auch sei, die Taktik von Tobias ging zumindest zu diesem Zeitpunkt nicht auf. Ich behaupte mal es war sogar eher so, dass der auf den Druck folgende Versuch, Timo und mich gegeneinander auszuspielen, uns beide eher verschweißte als trennte.

Auch wenn die nachfolgenden Züge immer irgendwie logisch aussahen und es sukzessive für Timo und mich vorwärts ging, die Verhandlungen waren alles andere als einfach. Einerseits ging es darum dem anderen möglichst wenig Vorteile auf ein späteres Solo zu ermöglichen, und andererseits drängte die Zeit. Bei nicht gut abgestimmten passiven Zügen wäre durchaus eine Zeitüberschreitung und damit ein 3er-Draw möglich gewesen, was ein Verdienst der neutralen und nun auf Durchhalten ausgelegten Strategie von Tobias zu verdanken war.

Aber zunächst lief es den Umständen und Verhandlungen entsprechend gut und flüssig, und zum Frühjahr 1915 war privat und beruflich etwas Zeit, da juckte der Hafer, und ein paar Varianten in Richtung Solo wurden getestet. Eine davon war eine russische Flotte in die Ion zu locken, um den Flottenblock in Aeg und East zu zersprengen. Das ganze waren aber nur Trockenübungen mit RP. Leider drängte die Zeit dann doch auf einmal, also wurden die Züge schnell korrigiert, kopiert und an Andreas geschickt, eben bloß keinen NMR riskieren. Dabei übersah ich leider einen Zug und interpretierte ihn als Support, nun ja, die Mischung aus eigener Blindheit, Doofheit, Hektik und dem schlechten Kontrast von RP ergaben ein Bild mit einer russischen Flotte vor Nap, welches mich nun eine Runde schwitzen ließ, denn ein 3er-Draw war nun wirklich das letzte aller Ziele. Timo blieb aber cool, der Zug wurde gar nicht erst großartig diskutiert, sondern es wurde weiter geplant bis zum 17:17.

Es kam das Frühjahr 1917, doch irgendwie hatte ich das Gefühl, dass Tobias mehr an seinem Sessel klebte als Gerhard S aus H, und wie gesagt, ein 3er erschien mir undenkbar und auch Timos Meinung war, dass wir etwas grundlegend falsch machen würden wenn Russland bis zum Ende dabei wäre. Also hielt mich Tobias indirekt davon ab schon jetzt Dummheiten zu machen, auch wenn die Lage wahrscheinlich nie mehr besser werden würde. Allein fehlte wieder die Zeit, um die Karte hinreichend zu studieren, also weiter im Text auf dem Weg zum 17:17.

Dann der Herbst 1917... dumm, es hätte wohl geklappt, na ja, ich wollte um das Verrecken keinen 3er, und es hätte je sein können, dass Timo kurz mal den Gang raus nimmt... also weiter warten und schlechte Züge spielen.

1918 mußte nun endlich was geschehen und ich wollte diese Partie nicht kampflos mit einem 17:17 beenden, sondern zumindest den Schein wahren und die 50:50-Chance in der Türkei nutzen. Auch im Westen war noch was drin, wenn auch mit viel mehr Risiko verbunden und eigentlich schon in 1917 verspielt.

Dann folgte allerdings eine Reaktion von Timo die mich darin bestärkte in Zukunft wirklich und endgültig die Finger von solchen Partien zu lassen. Ich hatte nun die Wahl ohne Timo eine 50:50-Chance auf ein Solo zu nutzen oder mit Timo ein 17:17 zu spielen. Nach dem Ausstieg von Torsten wäre dies der zweite Verlust gewesen und hätte meiner Meinung nach den ganzen Sinn des Spiels in Frage gestellt. Also zurückrudern im Frühjahr und dann noch 3 Züge, um bis 1920 erneut den Schein zu wahren und irgendwelche Chancen 5 Stellen hinter dem Komma zu nutzen. Im Grunde ein dem Spielverlauf angepasstes und gerechtes Ergebnis, da Timo und ich wirklich gut zusammen gearbeitet und gewissen Dinge diplomatisch geschickt vorbereitet haben, aber die Diskussion um den Sinn des Spiel, das Solo als einzig wahres Ziel des Spiels zu definieren, kann getrost kontrovers auch über die 751 hinaus diskutiert werden.

Nun, der Ausgang ist bekannt, ich habe die Diskussion nicht bis zum bitteren Ende mit mir geführt, denn die ganze Sache endete dann wirklich 17:17, mit etwas mehr Mut wäre vielleicht mehr drin gewesen, aber so ist das im Leben ja grundsätzlich.

Unter dem Strich war es eine hochklassige Partie, die weder durch fehlerhafte Züge, noch durch Lustlosigkeit entschieden wurde. Allein die Motivation von Tobias neutral bis zum Schluß zu kämpfen, um am Ende doch noch als 3. mit dabei zu sein, war vorbildlich. Mein Dank gilt aber auch all den anderen Protagonisten sowie unserem Spielleiter Andreas, der diese Partie ins Leben gerufen und das Durchhaltevermögen besessen hat, auch alle 7 an einen Tisch zu bringen.