Diplomacy - Strategie per E-Mail Home    Kontakt    Impressum    english_introduction
 Anmeldung     Datenbank     Regeln     Foren     FTF     Strategie     Ludopedia                                            >>  myLudo
 
Datenbabk

Die tatz.

Das deutsche Diplomacy-Magazin.

Feuilletatz
"Und dann hat der Österreicher..."

Wie man über Diplomacy-Partien NICHT spricht

Neulich auf der DipCon.

"Also, in meiner Partie, da war doch der Österreicher. Der hat 1902 den Italiener... das war der Dings... der mit ohne Haare... der mit dem anderen im Zimmer schläft, mit dem Großen... und der war der Österreicher... nein, der Italiener... oder wars 1903... na, der hat ihn aus Tri vertrieben, und deswegen is der Deutsche groß geworden. Das war nämlich der Typ aus Belgien. Oder Holland? Also jetzt das echte Holland, nicht das am Brett. Weil der Österreicher hat sich nach Bud zurückgezogen. Budapest. Oder wars Wien? Wien, genau, weil der Russe hat sich mit dem Türken... weißt schon... das war der junge Typ, der gestern auf meinem anderen Brett mit dem Deutschen den Engländer rausgeworfen hat. Oder nein, der Russe... äh... der Türke, der war Frankreich... also gestern... und der andere war England. Und die haben den Deutschen rausgeworfen. und der Türke hat den Russen aus dem Bla gebounced. Der Türke und der Russe standen in Rum, Gal, Ser, Gre und Boh. Und dann hat der Österreicher..."

Diplomacy-Spieler sind mitteilungsbedürftig. Wie die meisten Menschen, die in Gruppen aufregende Erlebnisse haben. Nicht nur das, sie setzen auch voraus, dass ihre persönlichen Erlebnisse für den Rest der Diplomacy-Welt genauso interessant sind, wie für sie. Das mag auf einen Teil der Erlebnisse zutreffen, aber sicher nicht auf jede 08/15 Partie. Niemand erzählt detailliert vom privaten Fußballmatch im Park, es sei denn, es wäre etwas Speziöses passiert ("... Und dann ist dem Marcel sein Kreuzband gerissen").

Dennoch trifft man sie immer wieder. Die Spieler, die einem lang und breit und in allen Details (mit Ausnahme der wichtigen Fakten) erzählen, wie es ihnen in dieser und jener Partie ergangen ist. Erschwerend hinzu kommen noch die Umstände, unter denen meist erzählt wird. Nach einem langen Spieleabend und einer entsprechend kurzen Nacht brummt einem ohnehin schon schwer der Schädel, da braucht es nichtmal eine Erzählung wie die obige dazu.

Wie vermeide ich aber künftig, dass ich meinen Mit-Diplomaten auf Dip-Cons mit Kauderwelsch-Berichten über Diplomacy-Partien mächtig auf den Geist gehe? Hier ein paar Punkte zum Ausdrucken und in die Tasche stecken.

1) Achte auf deinen Gesprächspartner!

Gilt eigentlich in sämtlichen Gesprächssituationen. Achte einfach darauf, wie dein Gesprächspartner auf das was Du sagst reagiert. Sollte er sich desinteressiert/genervt/gelangweilt zeigen, wechsle elegant das Thema ("Sind die Bayern jetzt eigentlich schon Meister?" "Bist Du immer noch geschieden?" "Was sagst Du zum Papst?").

Typische Anzeichen dafür, dass dein Gesprächspartner gerne mal das Thema wechseln möchte sind z.B.:

Gähnen, Wegblicken, "Kann ich mal bitte die Butter haben?", Einnicken, keine Antwort geben, Zuckungen, Schaum vor dem Mund.

2) Überleg dir (zuerst!), was Du eigentlich sagen möchtest!

Was ist die Information, die Du weitergeben möchtest? Auch Erzählungen oder Berichte bestehen aus Informationen. Entscheide dich, was Du sagen möchtest, sag es und dann gib deinem Gesprächspartner die Möglichkeit, Interesse für Details zu zeigen, oder das Thema zu wechseln.

Gleichzeitig solltest Du überlegen, ob die Informationen überhaupt unterhaltsam, interessant oder relevant sind. Der obige Kauderwelsch kann vermutlich auf die Kernaussage "Österreich hat Italien aus Tri vertrieben, und übersehen, dass dabei ein anderes Heimat-VZ zum Rückzug frei stand" reduziert werden. Der Rest is Gequassel. So betrachtet ist zumindest fraglich, ob die Story überhaupt irgendjemanden interessieren wird. Dass sich jemand in ein VZ zurückzieht, kommt öfter mal vor. Wenn sonst nix passiert ist (z.B. das Setting war das Top-Board auf der WDC), dann würde ichs eher bleiben lassen.

3) Sei kurz!

Ganz einfach. Vermeide sinnlose Details. Gib die wesentlichen Informationen, die für das was Du sagen möchtest relevant sind, und lass gut sein. Wenn egal ist, wer der Österreicher war, dann sags nicht. Wenn egal ist, wer in Gre stand, und obs eine Flotte oder eine Armee war, dann lass das weg.

!!!!Es ist unmöglich, ein Diplomacy-Brett zu beschreiben!!!! Nur die wenigsten Spieler die ich kenne können ein Diplomacy-Brett samt Einheiten vor ihren inneren Augen entstehen lassen, und dann auch relevante Zugmöglichkeiten entdecken. Warum also hört man so oft Beschreibungen, wer denn nu wo gestanden ist? Bitte keine Schilderungen von Positionen. Stellungen, die man genau beschreiben muss, um sie zu verstehen, eignen sich eben nicht für Erzählungen. Das gilt auch für Diplomacy.

4) Sei konkret!

Alle Informationen, die die Punkte 1-3 überlebt haben, können weitergegeben werden. Achte allerdings darauf, dass DU SELBST alle Informationen, die Du geben möchtest, parat hast. Diese wichtigen Informationen sollten dann auch ausführlich gegeben werden. In Gesprächen kannst Du üblicherweise nur sehr wenig Wissen über dich und deine Welt voraussetzen. Niemand weiß, welche Partien Du sonst noch spielst, niemand weiß, wie Du am liebsten mit England eröffnest, wer der 'Dings' ist, niemand hat deine Erfahrungen mitgemacht.

So, und wer mir immer noch nicht glaubt, der soll sich einen lieben Menschen suchen, und dem laut den ersten Absatz dieses Artikels vorlesen. Fürs richtige Con-Feeling bitte davor noch für einen hochprozentigen Abend und eine kurze Nacht sorgen. Und einfach abwarten, was passiert.

Danke!

Sebastian Beer